Das jüdische Ghetto in Krakau 1941-1943
Das Ghetto, das in den Jahren 1941-1943 in Podgórze bestand, war eine blutige Etappe auf dem Weg der Vernichtung der Krakauer Juden.
Vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wohnten in Krakau über 64 000 Juden (etwa 25% der Gesamtbevölkerung). Nach den Zwangsdeportationen, die von Beginn des Krieges an stattfanden, waren noch etwa 16 000 übriggeblieben. Am 3. März 1941 verfügten die Okkupationsbehörden die Einrichtung eines „Jüdischen Wohnbezirks“ im Stadtteil Podgórze, wohin die Krakauer Juden umgesiedelt wurden. Die Grenze des Ghettos (offiziell wurde diese Bezeichnung allerdings nicht gebraucht) verlief entlang der der Straßen: Kącik, Traugutta, Lwowska, Rękawka, Rynek Podgórski, Brodzińskiego, Piwna, Nadwiślańska, plac Zgody (heute Bohaterów Getta). Insgesamt standen hier 320 Häuser, in denen bisher ca. Einwohner gelebt hatten, die nun diesen Bereich verlassen mussten, genauso wie die hier tätigen Unternehmen. Nur für die einzige Apotheke in der Gegend, die von dem Polen Tadeusz Pankiewicz geführt wurde, galt der Befehl nicht. Er war fortan der einzige nichtjüdische Ghettobewohner (Adler-Apotheke).
Der „Jüdische Wohnbezirk“ wurde mit einer drei Meter hohen Mauer umgeben, deren Rundbogenbekrönung bewusst jüdischen Grabsteinen – Mazewot – nachgebildet war. Zum Ghetto führten vier Tore. Das Haupttor mit der Inschrift Jüdischer Wohnbezirk befand sich an der Einmündung der Limanowskiego-Straße zum Platz Rynek Podgórski.
Durch die Lwowska- und die Limanowskiego-Straße verkehrte eine Straßenbahn. Innerhalb der Ghettomauern gab es allerdings keine Haltestellen und den Passagieren war es sogar verboten, aus dem Fenster zu sehen (natürlich wurde dieses Verbot nicht immer eingehalten und es kam auch vor, dass Lebensmittelpakete ins Ghetto geworfen wurden). Ab Oktober 1941 stand auf Verlassen des Ghettos ohne Passierschein die Todesstrafe. Dasselbe Schicksal drohte Menschen, die Juden halfen. Bald darauf wurde die Benutzung der Post verboten. Alle Erdgeschossfenster auf der arischen Seite wurden zugemauert, um das Ghetto von eventuellen Lebensmittellieferungen abzuschneiden. In dem vom Rest der Stadt isolierten, übervölkerten Viertel begann ein immer schrecklicherer Hunger zu herrschen.
Außerdem setzten die Deportationen in die Vernichtungs- und Zwangsarbeiterlager (unter anderem im benachbarten Płaszów) ein. Außergewöhnlich brutale Aussiedlungsaktionen wurden im Juni und Oktober 1942 durchgeführt. Viele Menschen kamen bei den „Menschenjagden“ und beim Transport ums Leben. Unter ihnen zwei befreundete Künstler: der Maler Abraham Neuman und der Liedermacher und Poet Mordechaj Gebirtig, der am sogenannten „Blutdonnerstag“ am 4. Juni 1942 erschossen wurde. Die Patienten des Krankenhauses und die kleinen Bewohner des Waisenhauses, in dem sich auch die Kinder der arbeitenden Eltern aufhielten, wurden an Ort und Stelle ermordet oder abtransportiert. Ein Teil von ihnen wurde in Płaszów an Massengräbern, die zuvor von den dortigen Häftlingen ausgehoben wurden, erschossen.
1942 wurde das Ghettogelände mehrfach verkleinert. Gegen Ende des Jahres wurde es in zwei durch Stacheldraht voneinander getrennte Bereiche geteilt: „A“ für Arbeitsfähige und „B“ für Kinder, Alte und Gebrechliche.
Am 13. und 14. März 1943 erfolgte schließlich die endgültige Liquidierung des Krakauer Ghetto. Etwa 6000 als arbeitsfähig eingestufte Bewohner des Ghettos „A“ wurden in das Konzentrationslager Plaszow gebracht. Ihre Kinder unter 14 Jahren mussten ins Waisenhaus gehen. Am nächsten Tag wurden auf dem Zgody-Platz die Bewohner des Ghettos „B“ versammelt. Vor Ort wurden etwa 1000 Menschen erschossen, darunter Alte, Patienten und Ärzte des Krankenhauses, Kinder und Mütter, die ihre Kinder nicht verlassen wollten. Die übrigen wurden ins KL Auschwitz deportiert. Zum Abschluss durchsuchten SS-Leute alle Wohnungen und ermordeten alle, die sich zu verstecken versuchten.
An diese unvorstellbaren Ereignisse erinnert eine Installation auf dem Bohaterów-Getta-Platz (früher: Zgody-Platz). Bronzene Stuhlskulpturen knüpfen an das Bild des entvölkerten Ghettos an, in dem nur noch die verstreut liegenden Reste von Möbelstücken an die ehemaligen Bewohner erinnerten. Alljährlich findet am Tag der Liquidierung des Ghettos ein Gedenkmarsch statt. Seine Teilnehmer ziehen vom Bohaterów-Getta-Platz zum ehemaligen Konzentrationslager Plaszow auf derselben Strecke, die für die Krakauer Juden den Weg in den Tod bedeutet hatte.
Die einzigen Reste des Ghettos sind zwei erhaltene Abschnitte der Ghetto-Mauer: in der Lwowska-Straße 60/62) und hinter der Schule in der Limanowskiego-Straße.