Oleandry
Hier hat alles begonnen! Von hier aus zogen im Jahr 1914 die ersten polnischen Legionäre der 1. Kaderkompanie und aus, um an den Fronten des Großen Krieges für die Unabhängigkeit ihres Vaterlands zu kämpfen.
Die Oleandry genannte Gegend entspricht dem heutigen Geviert zwischen der Mickiewicza-Armee im Osten, der 3-Maja-Straße im Süden, der Reymana-Straße im Westen und der Reymonta-Straße im Norden. In diesem Gebiet liegen heute die Oleandry-, die Kadrówki- und die Ingardena-Straße sowie der Jordan-Park. In der 3-Maja-Straße 7 befindet sich ein historisches Gebäude, das den Namen des Marschalls Józef Piłsudski trägt.
Im Jahr 1912 wurde auf der Wiese zwischen dem Jordan-Park und der heutigen Mickiewicza-Allee die Ausstellung „Architektur und Interieurs in Gartenumgebung“ veranstaltet, in der neuartige architektonische Lösungen für die in den Jahren 1910-1915 nach dem Plan von Stadtpräsident Juliusz Leo nach Krakau eingemeindeten Viertel präsentiert wurden. Im Rahmen der Ausstellung trat das Sommertheater „Oleandry“ auf, das dem ganzen Gelände der Ausstellung seinen inoffiziellen Namen gab. Oleandry wurde mitsamt der angrenzenden Błonia-Wiese zu einem populären Naherholungsgebiet, wo man spazieren gehen oder Bekannte treffen konnte, wo Volksfeste und Sportveranstaltungen stattfanden. Hier herrschte stets reges Leben!
Und hier keimte auch die Idee des bewaffneten Unabhängigkeitskampfes auf. Im Sommer 1914 wurde auf Initiative des Kommandanten Józef Piłsudski in Oleandry eine Sommer-Schützenschule für die Mitglieder des Turnvereins „Strzelec“ und der Polnischen Schützenmannschaften veranstaltet, deren Teilnehmer der von Piłsudski aufgestellten 1. Kaderkompanie, dem ersten polnischen Militärverband seit Jahrzehnten, beitraten. Am Morgen des 6. Augusts 1914 rückte die „Kadrówka“ von Krakau ins Königreich Polen aus [das sogenannte Kongresspolen, ein unabhängiger Scheinstaat, der nach dem Wiener Kongress gebildet wurde und, in Personalunion mit dem russischen Imperium verbunden, de facto zu diesem gehörte]. Die Soldaten erreichten die Grenze zwischen dem österreichisch-ungarischen und dem russischen Teilungsgebiet unweit von Krakau beim Dorf Michałowice, wo sie die Grenzpfosten abrissen und auf diese Weise symbolisch die Teilung Polens zwischen den Teilungsmächten beseitigten. Piłsudskis Tätigkeit und der Ausmarsch der 1. Kaderkompanie erweckten alsbald die Aufmerksamkeit der österreichischen Behörden, die die Auflösung der polnischen Kampfverbände oder ihre Eingliederung in die Kaiserlich-königliche Armee forderte. Zur Regelung des Status der polnischen Truppen trug Stadtpräsident Juliusz Leo bei, der im Wiener Parlament die Genehmigung für den Aufbau der polnischen Legionen im Rahmen der Armee der K. u. k. Monarchie erwirkte.
An die Ereignisse vom 6. August 1914 erinnert der jährliche Marsch auf dem Weg der 1. Kaderkompanie. Dieser Jahrestag wurde von den Legionären erstmals im Jahr 1923 begangen. Damals wurde der Marsch der Kadrówka auf der 122 Kilometer langen Strecke von Krakau nach Kielce nachgestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren diese Märsche verboten. Erst nach 1989 konnte diese Tradition wiederhergestellt werden.